Interview mit Tim Mälzer
„Ich glaube, dass ein jeder der sich von einer Visualität überzeugen lässt, eine gute Entscheidung trifft.“
Sie gelten als der deutsche `Jamie Oliver´, haben beide eine gemeinsame Koch-Vergangenheit im Londoner `Neal Street Restaurant´ und waren einer der ersten jungen Fernsehköche in Deutschland in verschiedenen prämierten TV-Formaten wie zum Beispiel ´The Taste` oder `Kitchen Impossible´. In welcher Küche fühlen Sie sich am wohlsten; in der vor der Kamera oder der privaten?
Tim Mälzer: Zunächst einmal bin ich nicht der deutsche Jamie Oliver, sondern Jamie Oliver ist der englische Tim Mälzer (lacht). Natürlich fühle ich mich in der privaten Küche am wohlsten. Das ist einer der wenigen Orte, wo man nicht bewertet, beurteilt oder in irgendeinem Kontext gesehen wird, sondern einfach noch kochen darf.
Sie haben bereits eine Menge Erfahrung sammeln können bei der Öffnung und Leitung verschiedenster Restaurantprojekte. Was macht den Reiz für Sie aus bei der Entwicklung solcher unterschiedlichen Gastronomieprojekte?
Tim Mälzer: Im Wesentlichen bin ich ein Mensch, der keine Routine mag und in Routine starke Schwächen hat. Deshalb liebe ich das meine Komfortzone zu verlassen, und mich immer wieder neuen Herausforderungen zu stellen, wo der Erfolg nicht per se vorprogrammiert ist. Für mich liegt der Reiz definitiv in der Herausforderung.
„Man kann Gäste besser damit überzeugen Dinge zu erfüllen, die sie schon begehren, als sie zu kulinarischen Exzessen zu zwingen, auf die sie gar keine Lust haben.“
Derzeit führen Sie Ihre eigenen Restaurants `Die Gute Botschaft´ am Hamburger Alsterufer und
`Die Bullerei´ im Schanzenviertel in Hamburg. Welches Ihrer Gerichte sollten Gäste in Ihren Restaurants in Hamburg unbedingt einmal kosten – und warum?
Tim Mälzer: Das wären definitiv die Gerichte, wonach ihnen der Sinn steht. Man kann Gäste besser damit überzeugen Dinge zu erfüllen, die sie schon begehren, als sie zu kulinarischen Exzessen zu zwingen, auf die sie gar keine Lust haben.
Sie haben eine eigene Küchenkollektion entwickelt und Kochbücher geschrieben. Ihre aktuellen Werke für die privaten Küchen daheim tragen die Titel `Die Küche´ und `Neue Heimat´. Was sind Ihr Lieblingsgericht aus diesen Kochbüchern?
Tim Mälzer: Ich kann mich da gar nicht so festlegen, weil ich alle toll finde! Es hängt ja auch immer davon ab, worauf man gerade Lust hat.
„Die italienische Küche ist eine Küche nach Augenmaß, denn da ist Seele und Herz wichtiger als das klassische Rezept.“
Die italienische Küche ist Ihre Leidenschaft. Woher rührt Ihre Verbindung zu italienischen Gerichten?
Tim Mälzer: Die italienische Küche ist eine Küche nach Augenmaß, denn da ist Seele und Herz wichtiger als das klassische Rezept. Es ist eine `Nonna-Küche´. Eine Nonna-Küche ist nicht von irgendwelchen Mechanismen und schon gar nicht von Eitelkeiten geprägt. Es ist eine sehr uneitle, handwerklich, produktorientierte Küche, mit sehr viel Herz und Seele und mit ein bisschen Verstand.
Ihre zweite Leidenschaft ist der Fußball. Hier sind Sie bekennder `Träger der Raute im Herzen´ und somit überzeugter Fan des Hamburger SV. In der `Platin Lounge´ im Volksparkstadions können künftig hungrige Fußball-Fans und VIP-Gäste ein vielseitiges Catering à la Tim Mälzer erhalten. Wie kam es zu dieser Partnerschaft mit dem HSV, und ist es für Sie eine Herzensangelegenheit?
Tim Mälzer: Die Partnerschaft gibt es schon seit einigen Jahren. Meine Unsportlichkeit hat dazu geführt, dass meine maximale Karriere beim HSV darin besteht, der Koch des Vereins zu werden. Für mich ist das eine komplette Herzensangelegenheit. Wir machen kein Fine-Dine, sondern wir haben sozusagen Fußball ins Catering und nicht Catering in den Fußball gebracht.
Zusammen mit Ihrem Freund und Kochkollegen Roland Trettl unternahmen Sie in dem TV-Format `Karawane der Köche´ einen kulinarischen Roadtrip mit Food-Trucks quer durch Deutschland. Was hatte Sie damals zu dieser Idee bewegt, und sind Food-Trucks aus Ihrer Sicht die zukünftigen Restaurants?
Tim Mälzer: Grundsätzlich ist es so, dass der Aufwand ein Restaurant zu gründen immer höher wird, weil die Auflagen immer höher sind, die Investition dadurch immer höher und die Wahrscheinlichkeit wirklich einen Erfolg damit zu erzielen, wird aufgrund des Angebotes nicht unbedingt höher. Deshalb ist der Food-Truck ein adäquates Mittel seine eigentliche Idee erst einmal am Markt zu testen, ohne gleich Millionen zu investieren. Vor allen Dingen kann man auch mit dem Food-Truck eben den Standort immer wieder wechseln und variieren, was ja einer der wichtigsten Faktoren ist. So kann man Erfahrungen sammeln, wo mein Produkt, denn es ist selten das Produkt, das nicht funktioniert, es ist häufig auch der Ort, wo das Produkt nicht funktioniert. Und man kann sehr gute Erfahrungswerte sammeln, mit demselben Produkt, mit den gleichen Räumlichkeiten aber eben in einer sehr flexiblen Qualität.
„Es gibt fantastische Köche, die unfassbar untalentierte Geschäftsleute und Ideengeber sind. Und es gibt Leute, die sind unfassbar schlechte Köche, die aber geile Ideen haben.“
Abschließend eine Frage an Sie: Was würden Sie jungen Unternehmern und Kochtalenten raten, die mit dem Gedanken der Eröffnung eines einen Gastronomiebetriebs spielen; sollten Restaurantgründer eher erstmal eine grundsolide Gastronomieausbildung machen, um erfolgreich zu werden oder haben Quereinsteiger die gleichen oder sogar besseren Chancen?
Tim Mälzer: Eine allgemeine Aussage lässt sich da nicht treffen. Es gibt fantastische Köche, die unfassbar untalentierte Geschäftsleute und Ideengeber sind. Und es gibt Leute, die sind unfassbar schlechte Köche, die aber geile Ideen haben. Das ist wirklich von Fall zu Fall individuell zu beurteilen. Eine Sache, die ich gelernt habe, respektive einen sehr guten Partner dafür habe, auf gar keinen Fall die kaufmännische Seite zu vernachlässigen. Denn das übernimmt einen Großteil der Tätigkeiten, selbst wenn man eigentlich nur Bratkartoffeln machen will.
Herzlichen Dank für das Interview Herr Mälzer!
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Interview: Andreas Detert | Fotos: Tim Mälzer, Sundance Communications