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Interview mit Wolfgang Hohlbein – Teil 2

Wolfgang Hohlbein

Interview mit Wolfgang Hohlbein – Teil 2

„Man muss im richtigen Moment, mit der richtigen Geschichte an den richtigen Verleger geraten – oder an das richtige Publikum.“

Mit Ihrem vielfach prämierten und, zusammen mit Ihrer Ehefrau und Co-Autorin Heike Hohlbein 1982 veröffentlichten, ersten Werk `Märchenmond` begann Ihre erfolgreiche, literarische Reise als Autor. Mittlerweile haben Sie bereits über 220 Romane aus den verschiedensten Genres Thriller, Horror, Historie und Science-Fiction veröffentlicht.
Was macht für Sie nach-wie-vor den Reiz von märchenhaften Geschichten aus?
 

Wolfgang Hohlbein:
Also im Grunde sehe ich den Unterschied meiner Bücher in den einzelnen Genres nicht so gravieren. Bis auf die reinen Thriller, die trotz allem einen ganz leichten phantastischen Touch haben, ist alles sehr phantastisch und ein wenig märchenhaft. Manchmal ist dies in großen, manchmal nur in kleinen Schritten neben der Wirklichkeit im jeweiligen Buch präsent.

Im Augenblick schreibe ich gerade einen weiteren Thriller, einen richtigen `Action-Krimi´ sozusagen. Aber selbst bei diesem wird in der Story das Phantastische sicherlich nicht fehlen. (lacht) – Es gibt Szenen im Buch, bei der die Heldin des Romans sich selbst fragt, ob das Erlebte wahr oder unwirklich ist. Ich überlasse diese Entscheidung dann dem Leser.

Ich bin zudem auch ein großer Filmfan. Wenn ich im Fernsehen im Vorspann des Films jedoch sehe, dass die Geschichte auf wahren Ereignissen basiert, schalte ich meist immer ab. Denn auch hierbei fehlt mir dann das Märchenhafte und Phantastische.

Eines Ihrer Bücher ist nun sogar als KinoVerfilmung umgesetzt worden. Worum geht es in dieser Geschichte von `DIE WOLF-GÄNG´?

Wolfgang Hohlbein:
`Die Wolf-Gäng´ ist ein Jugendbuch, und eigentlich ist die Story eine `Schnapsidee´ gewesen. Also weniger Schnaps-, eher eine Bier-Idee. (lacht)

Die Wolf-GängHorrorgeschichte und Gruselgeschichte für Kinder gibt es ja schon in Massen. Aber eine solche Story muss man ja auch nicht immer so ernst erzählen. Man kann das Ganze ja auch mit Humor darstellen. So kam es dazu, dass die drei Hauptfiguren der `WOLF-GÄNG´ ganz unterschiedlich entwickelt wurden – und dies mit einer großen Prise Humor: Einer der Charaktere ist ein Werwolf mit einer starken Katzenhaarallergie, ein weiterer ein Vampir, der dummerweise kein Blut sehen kann, und die Dritte eine Elfe mit Flugangst. Und die drei tun sich dann zusammen, um in der Story von `Die WOLF-GÄNG´ unter anderem gegen einen bösen Dämon zu kämpfen.

Das Schreiben dieser Geschichte hat mir riesigen Spaß gemacht. Und es ist hoffentlich dann eine spannende Geschichte geworden. Und ein sehr guter Film, wie ich finde. Denn wie gesagt muss nicht jede Geschichte immer ganz ernst dargestellt werden. Man kann eine Geschichte mit auch mit einem `Augenzwinkern´ erzählen.

Auch wenn eine Verfilmung sicher nie den Reiz und die Geschichte des Buches ersetzen kann, da die Leser mit dem Lesen der Geschichten ja erst „im Kopf“ die jeweilige Story vor Augen haben und die Phantasie angeregt wird – was beim Film ja bereits vorgegeben wird. Macht es Sie trotzdem stolz, Ihre Geschichten auch mal auf der Leinwand oder im TV zu sehen?

Wolfgang Hohlbein:
Man kann ein Buch nicht mit einem Film vergleichen. Es ist eine andere Art von Geschichte. Es ist kein Zufall, dass es so lange gedauert hat, bis es zu der ersten Verfilmung eines meiner Bücher kam. Ich habe ganz lange gewartet, bis ich der Meinung war, dass die Technik soweit ist, den einzelnen Elementen des Buches gerecht zu werden, ohne peinlich oder albern zu wirken. Und es hat ebenfalls sehr lange gedauert, bis ich einen Regisseur gefunden habe dem ich zutraue, meine Geschichte zu verfilmen. Christian Becker als Regisseur und die Firma, die `Die WOLF-GÄNG´ verfilmt haben, waren dann für mich die erste und richtige Wahl.

Meiner Meinung nach gibt es nun seit gut zehn Jahren richtig gute Special-Effects. Und so richtig `spitzenmäßig´ sind sie ja erst seit ein paar Jahren. Jedoch haben wir in Deutschland hierbei auch ganz viel Potenzial. Alles schreit immer nach Hollywood, aber Deutschland ist, was die Computertechnik bei Verfilmungen angeht, wirklich weltführend.

„Man kann ein Buch nicht mit einem Film vergleichen. Es ist eine andere Art von Geschichte.“

Wolfgang Hohlbein

Wolfgang Hohlbein: Man kann als Autor nicht direkt Einfluss nehmen auf die filmische Umsetzung des Buches. Aber man kann natürlich im Vorfeld sagen; „bitte mache das nicht oder dies nicht“, und Einzelheiten werden dann besprochen. Bei der Verfilmung von `Die WOLF-GÄNG´ gab es viele Gespräche zwischen der Produktionsfirma, dem Regisseur und mir vorab. Man hat mir zum Beispiel Bilder von den Hauptdarstellern gezeigt – viel mehr zwar nicht – aber dann konnte ich meine Eindrücke und Ideen einfließen lassen, ob der Typ von Schauspieler zu dem jeweiligen Charakter passt oder eben gar nicht. Und mit dieser Abstimmung war ich sehr zufrieden. Es hätte auch einen zweiten und dritten Teil von der WOLF-GÄNG gegeben, aber da kam Corona dazwischen. Corona hat `Die Wolf-Gäng´ buchstäblich gekillt! Es ist eben eine Jugendgeschichte und die Hauptdarsteller sind zwischenzeitlich im realen Leben nun einfach schon zu alt geworden, um nahtlos an die vorherige Story anknüpfen zu können. Es ist so schade, denn es fehlten uns nur noch um die 20.000 Zuschauer im Kino, dann hätte man einen Punkt erreicht an dem man sagt; „wir machen weiter“. Dies blieb uns durch die Schließung der Kinosäle leider nicht vergönnt.   Aber wir hatten wenigstens noch das Glück, den Film im Kino präsentieren zu können, auch wenn es nur von kurzer Dauer war. Andere Filme sind fertig gestellt worden, aber aufgrund der Corona-Maßnahmen gar nicht erst in den Kinos angelaufen.

Ich bin eh kein Mensch, der Katastrophen nachtrauert. Das ist wie bei einem Sturz vom Pferd; wenn man herunterfällt, dann steht man wieder auf und macht weiter. Die nächste Verfilmung ist nun schon in Arbeit. Es gibt ein ernsthaftes Projekt, meinen historischen Roman `Hagen von Tronje´ mit großem Aufwand zu verfilmen. Und da arbeitet man gerade an einem Konzept für das Drehbuch. Zudem wird Amazon den phantastischen Roman `Der Greif´ als sechsteilige Fernsehserie veröffentlichen.

Ihr Erstlingswerk `Märchenmond´ hat den Grundstein gelegt für Ihre Karriere als Autor. Mittlerweile sind Sie der wohl erfolgreichste Autor Deutschlands, wenn es um Geschichten aus dem Bereich Fantasy und Jugendbuch geht. Hätten Sie sich das träumen lassen, als Sie Ihr erstes Werk verfasst haben?

märchenmond

Wolfgang Hohlbein: Träumen lassen schon, klar. Man träumt natürlich immer davon, dass das funktioniert mit der großen Karriere und dem Erfolg. Aber realistisch habe ich es nicht geglaubt, nein. Der erste Erfolg war mehr ein Zufall. Schreiben wollte ich schon immer als Kind und Jugendlicher. Ich habe damals angefangen mit Gespenster- und Horrorgeschichten. Dann war es eine Verkettung von unwirklichen Zufällen. Es gab diesen Schreib-Wettbewerb, für den ich das 395-seitige Manuskript zu Märchenmond zusammen mit meiner Frau geschrieben und eingesendet habe. Wie ich hinterher erfahren konnte, gab es für den Wettbewerb über 1.000 Einsendungen. Und das `Märchenmond´ dann so ein Erfolg wurde, dass konnte keiner ahnen. Es war auch nicht so, dass die Leute dann sofort losgestürmt sind, um das Buch aus den Buchhandlungs-Regalen zu reißen. Aber es war ein ganz guter Erfolg, der Verlag war ebenfalls zufrieden und hat dann gesagt, „Komm, versuchen wir noch einen Roman…“. Das hat sich dann so langsam im Laufe von zwei Jahren aufgebaut. Ich hatte einfach auch das Glück, dass dann die erste Fantasy-Welle anrollte. Und zudem gab zu der damaligen Zeit auch nicht so furchtbar viele andere deutsche Autoren in diesem Genre.

Was würden Sie angehenden Autoren empfehlen, um mit Ihren Geschichten erfolgreich in die `Welt der Bücher einzutauchen`?

Wolfgang Hohlbein: Es gibt nur einen einzigen Rat, den ich geben kann; Man sollte die Bücher schreiben, die man schreiben möchte. Man sollte nicht auf den Markt schielen und sagen, „au ja, Vampirgeschichten sind gerade IN und dann versuche ich mich dann auch an einer solchen Geschichte“. Wenn man wirklich eine Geschichte erzählen will, wenn man wirklich dazu steht, dann sollte man sie schreiben. Man sollte im Grunde die Bücher schreiben, die man selber lesen würde. Es geht ja nicht nur um das Schreiben. Es gilt ja im Grunde für alles im Leben. Wenn man etwas gerne macht, dann wird es am Ende auch gut.

Hierzu habe ich auch ein Negativbeispiel; Ich bin gelernter Kaufmann und ich war nicht richtig gut in meinen damaligen kaufmännischen Job. Ich habe in dem Beruf keine Karriere gemacht, da es mir in diesem Beruf keinen Spaß gemacht hat. Ich habe den kaufmännischen Beruf eigentlich nur ergriffen, weil es meine Eltern wollten. Und ich hätte wahrscheinlich nur so ein mittelmäßiges Berufsleben geführt und wäre nun seit drei Jahren in Rente. Vielleicht sogar auch ganz glücklich, dass weiß man ja nicht, aber sicherlich auch ohne große Karriere.

wolfgang hohlbein

Wenn ich so zurückblicke, habe ich damals immer schon gegen 16:30 Uhr angefangen, die Minuten herunterzuzählen, wann ich endlich mit der Arbeit aufhören kann. Meine Kollegen die zwei Stunden länger geblieben sind und sich dann auch noch Arbeit für das Wochenende mit nach Hause genommen haben, habe ich schlichtweg für `bekloppt´ gehalten. Heute verstehe ich, warum sie es gemacht haben; weil ihnen die Arbeit Spaß gemacht hat. Und so sind meine damaligen Kollegen dann verständlicherweise karrieretechnisch alle an mir vorbeigezogen. Ich glaube jedoch, dass jeder etwas hat, was er besonders gut kann. Nur besteht die Gefahr, dass viele Ihr Begabung gar nicht erst entdecken. Vielleicht sind es auch Talente, mit denen man nicht viel anfangen kann. Aber wenn man etwas wirklich will, etwas wirklich gerne macht, dann wird es auch gut. Ob das dann der große Erfolg wird, das steht dann auf einem anderen Blatt Papier. Es ist so eine Mischkalkulation, die aus einem Drittel Talent, einem Drittel Fleiß und einem Drittel Glück besteht. Man muss im richtigen Moment, mit der richtigen Geschichte an den richtigen Verleger geraten – oder an das richtige Publikum. Also wäre Märchenmond zwei Jahre früher herausgekommen, wäre ich vielleicht mit wehenden Fahnen untergegangen, da Fantasy damals noch keinen interessiert hat.

„Wenn man wirklich eine Geschichte erzählen will, wenn man wirklich dazu steht, dann sollte man sie schreiben. Man sollte im Grunde die Bücher schreiben, die man selber lesen würde. „

Wolfgang Hohlbein

Bei dem Verfassen Ihrer Romane haben Sie einen außergewöhnlichen, veränderten Zeitrhythmus: Sie schreiben nachts und schlafen dafür vormittags bis mittags. Wie kam es hierzu?

Wolfgang Hohlbein: Dafür gibt es keine tiefenpsychologischen Hintergründe, das war rein praktikabel. Am Anfang hatten wir nur eine kleine Wohnung, aber schon zwei Kinder. Ein eigenes Arbeitszimmer war nicht denkbar. Ich habe so richtig angefangen zu schreiben, als die Kinder im Bett waren und meine Frau auf der Couch eingeschlafen war. Da hatte ich erst die Ruhe dazu zum Schreiben. Mit der Zeit hat sich dies gewandelt. Später hatten wir eine größere Wohnung, danach ein Haus mit einem Arbeitszimmer. Aber ich hatte mich schon so an diesen Rhythmus gewöhnt und das hat sich dann irgendwie ergeben. Dann habe ich die Nachtschicht übernommen bei den Kindern, als sie noch klein waren. Irgendwann habe ich mir so gedacht, ach die Stunde hängst du noch dran und dann machst du sie fertig für den Kindergarten oder später die Schule. Das hat sich dann einfach so eingespielt und hat es hat wunderbar funktioniert. Es hatte rein praktische Gründe. Ich mache das seit fast 40 Jahren so und ich werde mein Leben die nächsten 40 Jahre jetzt auch nicht mehr umstellen.

Wann haben Sie gemerkt, dass die Abend- und Nachtstunden für Sie die kreativeren Phasen sind?

Wolfgang Hohlbein: Natürlich ist der innere Schweinehund in den Abend- und Nachtstunden nicht so groß wie tagsüber, wo man schon einmal in die Versuchung kommt, zu denken; „du willst doch bei dem schönen Wetter nicht am Schreibtisch sitzen, gehe doch lieber ins Freibad oder fahre Motorrad“, oder so. Die Verlockung ist nachts um 3 Uhr im Winter dann doch nicht so groß. (lacht)

Und ich vermute, das liegt mit daran, dass man nachts eher zur Ruhe kommt und ich dann einfach leichter schreiben kann.

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Interview: Andreas Detert | Fotos: Tanja Winkler, Ueberreiter

Hohlbein Teil 3